Vom Jahreswechsel 2014/2015: Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, einige Grüße zum Jahreswechsel trudeln immer noch ein (herzlichen Dank!), offizielle Weihnachts- und Neujahrsansprache haben wir über uns ergehen lassen, nun wird es auch Zeit für die offizielle Rundmail des Rostocker Friedensbündnisses. Wir markieren mit ihr den Jahresanfang, denn nichts ist abgeschlossen: 1915 war ein Kriegsjahr, wie 1914 eines war und 2015 eines ist. In der Ostukraine wird immer noch geschossen, Afghanistan muss weiter mit ausländischen Militärs leben, der Nahostkonflikt bekommt jetzt eine rechtliche Dimension, ist aber weiterhin ein Pulverfass und die Folgen des Überfalls auf den Irak 2003 haben mit dem Vormarsch des IS ihren regionalen Rahmen längst gesprengt – eine gute Gelegenheit, neben Waffen nun auch Bundeswehrangehörige dorthin zu schicken, denkt sich unsere Regierung offenbar und arbeitet gleichzeitig an der Beseitigung der letzten materiellen und moralischen Hemmnisse auf dem Weg zum Soldatenberuf in einer „schlagkräftigen Bundeswehr“ (so der Titel eines Forderungspapiers des Bundeswehrverbandes vom Mai vergangenen Jahres). Natürlich bekommen wir diese Lage auch hier vor Ort zu spüren und leiten daraus unsere Aufgaben ab.
Rückblickend können wir sagen, dass wir 2014 noch aktionistischer geworden sind. Das hat mit unserer Aktionswoche zum Gedenkjahr 1914-2014 vom Sommer zu tun, in der wir unter anderem mit einer Flugblattaktion beim Maritimen Sicherheitskolloquium („unserer“ Version der Münchner Sicherheitskonferenz - was durchaus noch stärker wahrgenommen werden sollte), Friedenstauben am Denkmal für die revolutionären Matrosen und – was für die Stadt vielleicht den größten Neuigkeitswert hatte – einer Kundgebung am Paul-Pogge-Denkmal Akzente setzen konnten. Aber auch mit unserer Teilnahme an der Fahrradsternfahrt einiger Landesverbände der DFG-VK, die wir recht inhaltsreich ausgestalteten. Transparent-, Flugblatt- und Unterschriftenaktionen gab es aber auch zu anderen Gelegenheiten und wir hatten Künstler zu Gast, die sie unterstützten. Bereits beim Ostermarsch konnten wir uns über eine gestiegene Zahl von Teilnehmern freuen. Das Bewusstsein für die Kriegsgefahr wächst.
Dementsprechend haben wir in diesem Jahr auch wieder personellen Zuwachs im Rostocker Friedensbündnis bekommen. Das bedeutet immer neue Argumente und neue Kompetenzen. Sehr schön. Da ist aber auch noch Luft nach oben!
Was unsere traditionelle Kinoschau betrifft, ist wieder nichts Besonderes zu vermelden. Die Blockbuster haben uns weitgehend kalt gelassen. Bemerkenswert ist nur, wie flächendeckend Entpolitisierung betrieben wird: „Der Hobbit“, Noah („Noah“) und Mose („Exodus“) marschierten auf, um die Welt in den Kategorien von Gut und Böse zu erklären. Ein Lichtblick war der britische Film „Pride“ über die Solidarität der Schwulen- und Lesbenszene für die walisischen Bergarbeiter in ihrem Kampf gegen Margaret Thatchers Reform des Bergbaus in den 80-er Jahren. Einschlägiges für uns bringt die Kunst erst wieder in den nächsten Wochen: „Herz aus Stahl“ im Kino und – Achtung – „Ein Kind unserer Zeit“ im Volkstheater: ein Stück, in dem es um junge Menschen geht, die ihre Perspektiven in der Armee sehen! Unser Thema also.
In der Tat wird das eines unserer Schwerpunktthemen für dieses Jahr sein. Eines unserer Mitglieder konnte auf dem NATO-Gegengipfel der Friedensbewegung in Wales über die Militarisierung der Wissenschaft sprechen – das ist ein Teil davon und angesichts der Situation der Zivilklausel an der Rostocker Universität kein kleiner. Daneben werden wir weiter gegen die Militarisierung unserer Region arbeiten: Die Marine fühlt sich immer noch viel zu wohl an diesem Standort. Kriegerdenkmäler in Stadt und Landkreis sollen wieder ins rechte Licht gerückt werden – Denkmäler, die für antifaschistische und antikapitalistische Traditionen stehen, fristen dafür ein Schattendasein; dass wir hier aktiv werden wollen, haben wir schon im Sommer 2014 angekündigt. Aufklärungsarbeit ist nötig, wo Historiker weiter Schuld an Kriegen von Deutschland abwälzen wollen, wo Krieg heute von höchster Stelle im Staat „Verantwortung“ genannt wird und wo auch seriöse Medien für die Beschreibung heikler Interessenlagen nur noch Worthülsen übrig haben („prorussische Separatisten“ und Ähnliches). Wir planen auch, uns noch mehr an verschiedenen Orten von Mecklenburg-Vorpommern zu engagieren und friedensbewegte Menschen und Gruppen zu unterstützen. Ein aktionistischer Höhepunkt wird unsere Teilnahme an der 65-tägigen Blockade des Atomwaffenstandorts Büchel in der Eifel in Form eines eigenen Blockadetages, für den wir uns auch noch Mitstreiter wünschen. Dabei sein werden wir, wenn es gegen Nationalismus und Neofaschismus geht, von Pegida bis zu anderen Erscheinungsformen des Rechtsrucks in der Gesellschaft.
Viele von uns sind weiterhin in der DFG-VK aktiv. Die Idee, den Bundeskongress der DFG-VK in diesem Jahr bei uns auszurichten, ist knapp gescheitert – der Weg nach Rostock schien manchen Mitgliedern zu weit zu sein. Zeigen wir alle zusammen noch deutlicher, dass es auf die Länge des Weges nicht ankommt, wenn es hier eine aktive Friedensbewegung gibt, die breit ausstrahlt und wirksam ist!
In diesem Sinne allen ein spannendes und ertragreiches neues Jahr!
Mit den besten Grüßen
Rostocker Friedensbündnis