Sie sind hierMonty Schädel: Nur wer Atomkraftwerke abschaltet und Atomwaffen verschrottet, ist glaubwürdig, nach Lösungen zu suchen
Erstellt am 13. Februar 2011 - 15:22
Rede Monty Schädels, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und Mitglied des Rostocker Friedensbündnisses, auf der Greifswalder Demonstration vom 12. Februar 2011 gegen den Castortransport von Karlsruhe in das so genannte Zwischenlager Nord bei Lubmin: Nur wer Atomkraftwerke abschaltet und Atomwaffen verschrottet, ist glaubwürdig, nach Lösungen zu suchen!
Sehr geehrte Damen und Herren, als wir 2001 gegen den Castortransport von Rheinsberg nach Lubmin protestierten, waren wir nur einige wenige an der Bahnschiene. Es ist deshalb sehr erfreulich, wenn sich heute hier und bundesweit tausende zum Protest zusammen finden. Um unseren damaligen Protest klein zu halten, wurde uns entgegen gehalten, dass der Transport nötig sei und in Lubmin nur der überschaubare Atommüll aus dem Osten der Bundesrepublik gelagert werden würde. - Ungefährlich sei das sowieso, da ja alles gesichert sei.
Daran glauben konnte, wer wollte!
Auch in diesen Tagen lässt die EWN verbreiten, dass nach diesem für nächste Woche geplanten Transport für die nächste Zeit keine weiteren nach Lubmin geplant seien. Ich sage ganz deutlich: Im Interesse unserer Kinder und Kindeskinder geht es uns darum, dass die Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Mit jedem Tag weiterer Nutzung der Atomenergie wird weiterer Müll hergestellt. Müll, den niemand braucht und für den es keinerlei Aussicht auf Entwertung oder Ablagerung gibt! Die Herstellung und der Tourismus dieses Mülls verschlingt dazu nicht auch noch Milliarden Euro, die besser in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens einsetzbar wären, sondern gefährdet gar noch das gesellschaftliche Zusammenleben vom Beginn an. Wir wollen den sofortigen Stopp der Nutzung dieser Technologie, bei der die Folgen nicht abschätzbar, negative Folgen aber ausreichend bekannt sind! Und nur wer abschaltet, ist glaubwürdig in seiner Argumentation, nach Lösungen zu suchen! Völlig unglaubwürdig ist eine Bundesregierung, die Verlängerungen der Laufzeit von Atomkraftwerken allein mit der Wirtschaft aushandelt und alle Bedenken und Ängste als unbegründet zurückweist. Völlig unglaubwürdig ist eine Bundesregierung, die von >Technologiebrücken< spricht und die Förderung regenerativer Technologien kürzt. Völlig unglaubwürdig sind auch die EWN, wenn sie einerseits vom Ende von Castortransporten sprechen, aber gleichzeitig im Bundestag über erweiterte Betriebsbedingungen diskutieren lassen. Ebenso unglaubwürdig ist es, und damit komme ich dazu, warum ein Vertreter der Friedensbewegung hier heute auch spricht, wenn US-Präsident Obama von der weltweiten Ächtung von Atomwaffen spricht, wie er es in Prag tat. Ein Jahr später aber im Rahmen der Beratungen der Strategie der NATO auf dem Gipfel in Lissabon lässt er verabschieden, dass die Nato weiterhin an Atomwaffen als absolute Notwendigkeit für die Abschreckungspolitik festhält. Atomwaffen sollen in Europa weiterhin stationiert und modernisiert werden: Den >unabhängigen strategischen nuklearen Streitkräften< der Briten und Franzosen wird <eine eigenständige abschreckende Rolle< zugeschrieben. Alle US-Atomwaffen werden modernisiert. Es ist völlig unglaubwürdig, von Abrüstung zu sprechen, wenn letztlich bisherige Waffen modernisiert und eben nicht verschrottet werden. Warum ist das hier von Bedeutung? Am Anfang der nuklearen Kette steht der Abbau von Uran, dazwischen die Atomreaktoren mit dem Produkt Strom, bevor am Ende der Müll steht. Es gibt aber auch ein anderes Produkt, das in diesem Zusammenhang Beachtung (und Protest) verdient: Die Atombombe! Die Technologie, die man für die Atomenergie braucht, ist auch die Basis für die Entwicklung der Atomwaffen. Eine Renaissance der Atomenergie vergrößert die Gefahr, dass immer mehr Staaten Atomwaffenmächte werden. Wer meint (oder dieses vorgibt), die Atomenergie beherrschen zu können, meint auch, Atomwaffen beherrschen und besitzen zu können. Diesem Irrglauben muss Einhalt geboten werden! Warum wird wohl gerade von Atomwaffenmächten so viel Lärm darum gemacht, dass Länder wie der Iran ein ziviles Atomprogramm haben? Weil alle Staaten, die Atomwaffen bauen oder bauen wollten, ihr Atomwaffenprogramm als ziviles Programm getarnt hatten: Argentinen, Brasilien, Indien, Irak, Israel, Libyen, Nordkorea, Pakistan, Südafrika, … Die zivile Nutzung und weitere Erforschung der Atomtechnologie bietet einerseits die Möglichkeit, Atomwaffen zu entwickeln, und andererseits, die Beherrschbarkeit der Atomtechnologie vorzugaukeln. Wie wenig diese Technologie zu beherrschen ist, zeigen die immer wieder stattfindenden Zwischenfälle damit. Ohne Atomkraft keine Atomwaffen! Wer aus der Atomenergie aussteigt, tut auch etwas für Abrüstung, denn Energiepolitik muss auch Friedenspolitik sein! Wir sind deshalb natürlich hier dabei, denn: Wer sich für Abrüstung einsetzen will, muss auch für den Weg des Ausstiegs aus der Atomenergie bereit sein. Last uns deshalb zu den Ostermärschen 2011, die in diesem Jahr auf den 25. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl fallen, gemeinsam gegen den Wahnsinn der Atomindustrie und der AtomwaffenlobbyistInnen, die unsere Zukunft jeden Tag aufs Neue gefährden, demonstrieren. - Für einen Atomausstieg! - Umfassend und sofort! SOFORT ! - UMFASSEND ! - Und ENDGÜLTIG! Monty Schädel für das Rostocker Friedensbündnis (www.rostocker-friedensbuendnis.de) ist Bundessprecher der
Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) – www.dfg-vk.de, www.atomwaffen-abschaffen.de und Sprecher der Kooperation für den Frieden – www.koop-frieden.de PDF-Datei der Rede unter: www.montys.de/dateien/themen/friedenspolitik/2011_02_12_greifswald_castor_fp_allg.pdf |